Köln/Düsseldorf, 14. Februar 2019. „Fokus Bahn“, so heißt das Programm, mit dem das Land Nordrhein-Westfalen, die Aufgabenträger Nahverkehr Rheinland (NVR), Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) sowie die Eisenbahnverkehrsunternehmen die Situation im Schienenpersonennahverkehr verbessern wollen. Dabei steht der Personalmangel im Vordergrund. Bei einer Veranstaltung der Bahnunternehmen in NRW, der „Jobparade“ in Düsseldorf, erläuterten Branchenvertreter die Hintergründe, Inhalte und Ziele des neuen Programms. Zum Auftakt unterzeichneten die Bahnunternehmen ein Abkommen über die Erstattung von Ausbildungskosten bei Unternehmenswechseln.
Für die dreijährige Berufsausbildung der Lokführer (Eisenbahner im Betriebsdienst) oder auch für eine neun- bis zwölfmonatige Umschulung, die Quereinsteiger qualifiziert, trägt das jeweilige Eisenbahnunternehmen die Kosten. Um zu verhindern, dass Unternehmen aus Angst vor Abwerbeversuchen der Mitbewerber weniger Personal ausbilden, unterzeichneten die Geschäftsführer der Bahnunternehmen in NRW eine Selbstverpflichtung zur Erstattung von Ausbildungskosten untereinander. „Dies funktioniert in etwa so wie die Ausbildungsvergütung von Profifußballclubs an die ausbildenden Amateurvereine“, erklärt der Programmleiter und Geschäftsführer des Zweckverbands Nahverkehr Westfalen-Lippe Joachim Künzel. Mit ihren Unterschriften unter den Vertrag über die Ausbildungskostenerstattung, so Künzel, bekräftigten die NRW-Bahnunternehmen ihr gemeinsames Engagement zur Fachkräfteausbildung und setzten ein starkes Zeichen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Bei der Ansprache neuer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen arbeiten die Bahnunternehmen in NRW – Abellio Rail NRW, DB Regio NRW, KEOLIS Deutschland - eurobahn, National Express, NordWestBahn, Regiobahn, Rurtalbahn, VIAS Rail und WestfalenBahn – eng zusammen und haben unter anderem mit der „Jobparade“ eine gemeinsame Arbeitgeber-Kampagne ins Leben gerufen. „Der Fachkräftemangel trifft nicht nur einzelne Unternehmen, sondern das gesamte System Bahn. Die Personalgewinnung darf deshalb kein Einzelkampf sein. Hier ist Zusammenarbeit gefordert“, betonte Andree Bach, DB Regio-Chef in NRW. „Der Betrieb muss sichergestellt sein, das ist die Aufgabe aller Beteiligten. Deswegen ist es gut, dass die Branche gemeinsam an Lösungen arbeitet“, erklärte Verkehrsminister Hendrik Wüst.
Viele interessierte Fachkräfte und potenzielle Lokführer sind mit Blick auf die Digitalisierung und Entwicklungen wie dem autonomen Fahren verunsichert, ob der Beruf langfristig eine Perspektive hat. „Die Technik ist aber noch lange nicht so weit, dass sie den Menschen ersetzen kann“, erklärte VRR-Vorstand Ronald R. F. Lünser. „Wer heute bei uns anfängt, kann sein gesamtes Berufsleben in der Bahnbranche in NRW verbringen, wenn er will“, ergänzte Rainer Blüm, Geschäftsführer der Abellio Rail NRW. Diese Tätigkeiten seien zudem krisenfest, unterstrich Blüm: „Menschen müssen mobil sein, gerade im Alltag. Der SPNV ist nicht konjunkturabhängig.“
Die „Jobparade“ wurde durch Guildo Horn als Testimonial unterstützt. „Der Nahverkehr auf der Schiene macht Millionen Menschen mobil. Gleichzeitig bietet die Branche umweltfreundliche Mobilität und zukunftssichere Arbeitsplätze. Für mich ist diese Kampagne deshalb eine Herzensangelegenheit“, erklärte der Entertainer, der für sein soziales Engagement bekannt ist und sich wiederholt für den Nahverkehr in NRW eingesetzt hat.
Personalmangel betrifft alle Bahnunternehmen in NRW und bundesweit
Alle Bahnunternehmen in NRW suchen zurzeit händeringend Personal, insbesondere Lokführer, Zugbegleiter oder Kundenbetreuer. Ein Grund dafür ist der demografische Wandel. Das Durchschnittsalter der Lokführer liegt bei über 50 Jahren. Allein durch den Ausstieg der rentennahen Jahrgänge werden mittelfristig hunderte neuer Mitarbeiter gebraucht.
Den Personalmangel spüren inzwischen auch die Fahrgäste: Landesweit müssen immer häufiger ganze Zugverbindungen ausfallen, weil Lokführer oder Zugbegleiter erkrankt sind. Wie die Vertreter der Aufgabenträger für den SPNV, Heiko Sedlaczek für den Nahverkehr Rheinland (NVR), Joachim Künzel für den Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) und Ronald R. F. Lünser für den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), übereinstimmend betonten, werden die „eigenverschuldeten Zugausfälle“ nicht vergütet. „Für die Unternehmen ist es also weder zielführend noch wirtschaftlich, Personalressourcen bewusst knapp zu kalkulieren und Zugausfälle in Kauf zu nehmen“, so Sedlaczek.
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